Lenny, der 7-jährige schwarze Aussiedoodle erzählt:
Ruhig werden mit Mona
Ich laufe gemütlich neben Rebekka her. Mal schnüffle ich links, mal rechts, den Blick habe ich auf den geschwungenen Schotterweg vor uns gerichtet. Ich genieße es, wenn ich mal alleine mit darf und nicht die drei Mädels von zu Hause mitkommen. Es ist schön, den Weg in Ruhe zu erkunden, ohne dass alle um mich herum toben.
Plötzlich höre ich neben mir tippen, tappen, fast schon hecheln – Mona! Sie zieht an der Leine ihrer Menschen, springt von einer auf die andere Seite, quietscht vor Aufregung. Ein Radfahrer fährt vorbei, sie bellt ihm hinterher und versucht gleichzeitig, eins der beiden Kinder ins Bein zu zwicken. „Mona, was machst du da?“, frage ich leise. Sie hört kurz auf, die Nase in die Luft gereckt. „Ich muss ja alles im Blick behalten!“

Ich sehe ihr zu, wie sie noch einmal wild umherspringt. Dann setze ich mich ein Stück von ihr entfernt, lasse sie die Energie raushaben, ohne dass ich selbst ins Chaos gerate. „Atme tief durch“, sage ich, „und guck mal, was passiert, wenn du sitzt.“ Sie starrt mich an, die Muskeln angespannt. „Sitzen? Aber dann verpasse ich doch alles!“ Ich schüttle den Kopf und grinse. „Genau darum geht es: Du verpasst nichts, wenn du ruhig bist.“
Mona schnaubt, ihre Pfoten tippen weiter auf den Kies. „Seit ich ein Welpe bin, ist hier immer Action“, erzählt sie. „Zwei Kinder, ständig in Bewegung. Ich muss sie im Blick haben, sonst geraten sie in Schwierigkeiten. Und dann ist da noch der Ball. Der Ball ist mein bester Freund. Mit dem Ball vergesse ich alles – andere Hunde, Autos, alles.“ Ich nicke, die Stirn leicht gerunzelt. „Aber das Dauerauf-180-Sein ist auch anstrengend, Mona. Ich kenne das.“
„Runterfahren? Wozu denn? Wenn ich stillstehe, verpasse ich was“, murmelt sie. Ich lehne mich ein Stück zu ihr. „Nein, genau dann bemerkst du alles. Du siehst mehr, riechst mehr, hörst mehr. Früher war ich auch immer aufgedreht. Irgendwann hab ich gemerkt: Ein Moment Ruhe kann wertvoller sein als jeder Sprint.“ Mona blinzelt mich an, als hätte ich gerade eine neue Sportart erfunden. „Also… nichts tun ist auch tun?“ Ich grinse. „Genau. Genießen.“
Kaum habe ich das gesagt, nähert sich ein Jogger. Monas Ohren schießen nach vorne, die Muskeln spannen sich an. „Da! Jogger! Ich muss—“ „Moment“, unterbreche ich sie ruhig. „Sitz einfach, atme tief ein, schau zu.“ Sie presst die Lefzen zusammen, setzt sich aber. Der Jogger läuft vorbei, nickt uns freundlich zu. Mona starrt ihm nach. „Er ist einfach weitergelaufen“, sagt sie verblüfft. „Siehst du? Kein Chaos, kein Drama“, sage ich.
Mona schaut mich an, unsicher. Ihre Pfoten zucken, aber sie bleibt sitzen. „Komisch… vielleicht ist es ja gar nicht so schlecht, mal nichts zu tun“, gibt sie zu, noch vorsichtig. Ein kleines Lächeln huscht über ihr Gesicht, als hätte sie Angst, es könnte entdeckt werden. „Ich hab’s ja versucht, still zu bleiben. Aber neben ihr fühle ich mich wie ein Faultier auf Speed“, denke ich schmunzelnd.
Wir laufen weiter, und plötzlich rennen zwei Kinder den Weg entlang. Mona erstarrt, die Pfoten wie in Startposition. „Kinder… rennen… ich muss—“ „Du musst nicht“, sage ich ruhig. „Schaue einfach zu.“ Mona presst die Lefzen zusammen, aber sie bleibt neben mir sitzen. Die Kinder sausen vorbei, völlig unbehelligt. „Komisch“, sagt sie leise, „die haben sich nicht mal verlaufen.“
Sie hebt den Kopf ein Stück höher, als hätte sie gerade einen Preis gewonnen. „Hast du gesehen, Lenny? Ich hab nichts gemacht. Gar nichts!“ Ich stupse sie sanft an der Schulter. „Genau das habe ich gesehen. Und weißt du was? Das ist richtig gut.“ Mona setzt sich noch ein Stück gerader hin. „Vielleicht bin ich ja doch nicht nur die, die überall hinrennt.“ „Genau. Du bist auch die, die einfach mal sitzenbleiben kann.“ Für einen Moment hören wir nur das leise Rauschen der Bäume und Monas zufrieden Seufzen.

Wir laufen weiter den geschwungenen Weg entlang, und ich merke, wie Mona ruhiger wird. Kein Ziehen, kein Bellen, kein hektisches Hin- und Herspringen. Einfach nur gehen und beobachten. „Na super, schon wieder ein quietschendes Wunderkind auf vier Pfoten. Ich glaub, die hat den Turbo-Modus erfunden“, denke ich leise.
„Siehst du, Mona“, sage ich leise zu ihr, „gerade diese Ruhe ist unglaublich wichtig. Sie gibt dir Zeit, alles wahrzunehmen, deine Gedanken zu ordnen und nicht gleich auf jeden Reiz zu reagieren.“ Mona schnuppert vorsichtig, fast ehrfürchtig, und setzt die Pfoten bewusst auf den Boden. Ich fahre fort: „Wenn du das öfter übst, baust du eine Impulskontrolle auf – die Fähigkeit, erst zu überlegen, bevor du reagierst. Und genau das können wir hier auf unserer Runde schon üben. Du musst nicht sofort alles jagen oder anpöbeln, du darfst einfach mal still sein.“
Mona seufzt zufrieden, die Rute wedelt langsam. Es fühlt sich gut an – und ich merke, wie wichtig diese Momente für uns beide sind. „Sitz, Mona. Ach nein, ich vergaß, stillsitzen ist wie ein exotischer Sport für dich“, denke ich mit einem Grinsen.